Die vier Burgen in und um Schmiechen
Am bundesweiten Tag des offenen Denkmals am 12. September wurden unter der sachkundigen Führung von Herrn Kreisheimatpfleger und Ehrenbürger Dr. Hubert Raab und Herrn Kreis-Archivpfleger Helmut Rischert die vier Burgen in und um Schmiechen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Von den vier Burgen lagen drei im Bereich der Schmiechach und zwar am westlichen Ortsrand von Schmiechen die durch die Luftbildarchäologie neu entdeckte „Vertingburg“, im Ort selbst die Burg Schmiechenstein sowie die Burg in Brunnen, die sich außerhalb der heutigen Gemeindegrenzen befand, und eine am Lechrain in Unterbergen.
Die „Vertingburg“
Das Gebiet zwischen Augsburg und Ammersee war im ausgehenden 12. und beginnenden 13.Jahrhundert von mehreren Herren umworben, die nach Ausbau, Arrondierung und Sicherung ihrer Herrschaft strebten, besonders von den Grafen von Andechs und den Wittelsbachern, denen 1180 das Herzogtum Bayern übertragen worden war. Als nach dem Königsmord in Bamberg 1208 alle andechsischen Güter auf altbayerischem Gebiet dem wittelsbachischen Herzog Ludwig I. dem Kelheimer zufielen und als es trotz des Augleichs der Wittelsbacher mit den Andechsern zwischen 1238 und 1246 zu heftigen Kämpfen der beiden um Gebiete am Ammer- und Starnberger See gekommen war, die letztlich alle wittelsbachisch wurden, finden wir die freisingischen Ministerialen Verting in Schmiechen. Es sieht so aus, als habe der Freisinger Bischof diese Familie eingesetzt, um seine Interessen in der Gegend zu wahren. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen den Andechsern und den Wittelsbachern nannte sich zum erstenmal 1238 ein Verting, Ullrich II., nach Schmiechen. Die Verting, die seit Mitte des 12. Jahrhunderts in Fürholzen bei Freising und in Neuried bei München saßen, können auf einen Ludwig von Haindlfing bei Freising zurückgeführt werden, die schon vor 1100 als Freisinger Ministeriale auftrat. Der Letzte des Geschlechts war 1303 Konrad Verting, der Beisitz in Lochhausen bei München hatte und sogar selbst eigene Dienstmannen besaß.
Wie aus Luftbildern zu erkennen ist, bauten die Verting ihre Burg am linken Ufer der Schmiechach. Als Platz wurde wie üblich kein fruchtbares Ackerland gewählt, sondern versumpftes Gelände, das im Bereich des Unterdorfes lag, wo sich auch der zugehörige Wirschaftshof (Sedelhof ) befand (Ringstr. 40). Auf dem rechteckig aufgeschütteten Plateau der Wasserburg standen Holzbauten wohl mit einem Turm, umgeben von Palisaden und dem Wassergraben. Dagegen beherrschte, nur einen Steinwurf weit entfernt, die gemauerte Burg der Herren von Schmiechen das Oberdorf.
Die Burg Schmiechenstein
Die Wasserburg ist eine Gründung der Herren von Schmiechen, die erstmals mit Heinrich I. um 1132 urkundlich erwähnt werden. Die Familie scheint ursprünglich der welfischen Ministerialität angehört zu haben. Der 1279 – 1321 genannte Heinrich III. zählte schließlich zu den Gefolgsleuten der bayerischen Herzöge, unter denen das Geschlecht als eines der besitzreichsten der Gegend zum höheren bayerischen Adel, dem sog, Turnieradel, aufstieg. Heinrich III. war der Erbauer der Burg; 1290 wird er Smiehenstainer genannt und 1297 heißt er von Smiehenstain. „Stein“ steht als Symbol für die in Stein errichtete Burg, die sicher einen Vorgängerbau aus Holz besaß. 1313 wird die Burg ausdrücklich als castrum bezeichnet. 1335 und 1336 wird der Burggraben erwähnt, 1368 im Teilungsvertrag des Ritters Heinrich VIII. mit seinem Bruder Stephan III. ein Baumgarten (südlich vom Schloß und hinter dem heutigen Gutshaus) sowie eine Brücke über den Graben (der Baungart alz man hin ein gat ze der Tür pay der Prugg). 1398 heißt die Burg dann zeitgemäß „Veste“, ausgestattet mit Graeben, vorhöfen, Weyern und pawngärten. Unter „Vorhof “ verstand man den burgenkundlich als Vorburg bezeichneten, befestigten Wirtschaftshof, der sich in Schmiechen unmittelbar westlich an die Burg anschloß. Zu jeder Burg gehörte immer auch eine Mühle; es war die heutige Plankmühle an der Paar, die bereits um 1280 als molendinum an dem Parenvelde und 1354 als Baarmühl erwähnt wird. Ihren jetzigen Namen erhielt sie von dem Müller Ulrich, der sich Planck nannte und der 1456 durch den damaligen Burgherrn Georg II. von Gumppenberg auf die Mühle gesetzt worden war. Schmiechen mit seiner Burg blieb bis 1426 im Besitz der Herren von Schmiechen. Nachdem der Ritter Stephan V., der berühmteste Vertreter dieses Geschlechts, ohne Nachkommen verstorben war – er lebte noch 1426 -, erbte die Herrschaft Elisabeth II., die Tochter des hochverschuldeten und 1417 zu Landsberg enthaupteten Ritters Stephan IV.. Sie war seit 1414 mit Georg I. von Gumppenberg verheiratet, der während seiner diplomatischen Mission zu König Sigismund schon 1427 in Ungarn verstarb. Die Gumppenberg besaßen Schmiechen bis 1500/02. Die weiteren Schicksale, insbesondere der Aus- und Umbau der Burg zum prächtigen Schloß durch die Fugger, sind bei Hubert und Gabriele Raab: Schmiechen und Unterbergen , Bd.I (Schmiechen) 1988,S.99 ff. in allen Einzelheiten nachzulesen.
Die Burg Bergen
Sie lag am Südende des Dorfes Unterbergen auf dem „Burgselberg“ im Bereich der jetzigen Anwesen Kirchstr. 12 und 14. Auf ihr saßen in der 2. Hälfte des 11. und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Wolftrigel I. und II. von Bergen (vermutlich Vater und Sohn), die mit den Edelfreien von Stoffen (bei Pürgen, Ldkr. Landsberg), den Vögten des Klosters Wessobrunn, agnatisch (d.h. in der männlichen Linie) blutsverwandt gewesen sind. Wolftrigel I. de Perga wird zuerst um 1068 genannt und Wolftrigel II. letztmals 1147 erwähnt. 1163 wollte Heinrich von Stoffen (auf der verlassenen Burg?) in Bergen ein Hauskloster für zwölf Nonnen und zwei Priester gründen. Die Verbindung zu Wessobrunn beweist auch das Patrozinium der Unterberger Kirche, St. Alexander, eines Mitpatrons der Wessobrunner Klosterkiche. 1368 befand sich das Dorf Bergen und daz Burchstall im Besitz der Schmiecher und fiel bei der Erbteilung an Stephan III. 1393 ist auch der zur Burg gehörige Sedelhof (Kirchstr.11 , „Marxbauer“) urkundlich bezeugt. 1500 war der Burgstall unbebaut, und seit etwa 1526 stand dort ein kleinbäuerliches Anwesen: Das purkhstall hat iezund Leonhartt Knollen innen, vnd ain newe behausung darauf gepawen.
Die Burg Brunnen
Um 1123 –1127 besaß Graf Bertold I. von Andechs zwei Höfe in Brunnon iuxta Mandichingen in Brunnen bei Merching), die er dem Kloster Dießen übereignete, und um 1137/38-1148 übertrug Konrad von Brunnen, ein Ministeriale des Grafen, sein und seiner Großmutter Gut in Merching an das Kloster. Auf diese andechsischen Ministerialen, die zuerst 1116 mit Heinricus de Brunnen urkundlich erwähnt werden, geht die dortige Burg zurück, deren genaue Lage nicht feststellbar ist. Wie Brunnen in den Besitz der Herren von Schmiechen gekommen war, kann nirgends festgestellt werden. Als 1398 die Nachkommen des Ritters Heinrichs VIII. ihre Hälfte an der Veste Schmiechen und der Herrschaft an ihren Vetter, den berühmten Ritter Stephan V., verkauften, um sich dann in Helmishofen (bei Kaufbeuren) ansässig zu machen, blieb davon ausgenomen Prünnen mit aller zü gehorung. 1512 verkaufte Wolfgang I. von Schmiechen zu Wackerstein an das Kloster Dießen Hofmark und Gericht zu Brunnen, auch das purckhstall mit sambt dem hofbaw sowie den Hof, den der Khnoller zusammen mit dem Hofbau (das sind die zur Burg gehörigen Felder) innehatte und bewirtschaftete. Der Hof des Khnoller ist der heutige “ Jakobbauer“ am südlichen Ortsende (Haus Nr.1). In dessen Nähe muß sich der Burgstall befunden haben, bei dem es sich vermutlich um eine kleine Wasserburg (Turmhügel) gehandelt hat. Die zugehörige Burgmühle war die Putzmühle an der Paar, zu der vom „Jakobbauer“ schon immer ein direkter Weg führt.
Text: Helmut Rischert, Kreisarchivpfleger
Dr. Hubert Raab, Kreisheimatpfleger (Vertingburg)
(Forschungsstand: Mai 2004)